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Denkmalschutz fordert Expertise

von Alexandra Eichenauer-Knoll

Der renovierte Ministerratssaal im Parlament, Wien Foto: Neuhauser

Ein Gespräch mit dem Hainfelder Restaurator Marc Neuhauser.

Margarete Kowall hat mit dem Hainfelder Restaurator Marc Neuhauser über seinen Großauftrag für das österreichische Parlament gesprochen. Durch diese Arbeit entwickelte er sich zum Experten für Möbel des Wiener Architekten Theophil Hansen. Wie kam es dazu?

Völlig unerwartet erreichte den Hainfelder Restaurator Marc Neuhauser im Februar 2020 ein Anruf des Architekturbüros der Bundesimmobiliengesellschaft, welches mit der Planung zur Restaurierung des Parlamentsgebäudes beauftragt war. Ob er sich vorstellen könne, sich bei der Ausschreibung der Möbelrestaurierung zu beteiligen. Das tat er – und wurde ausgewählt. Die Zuständigen waren von seiner Beratung, seinem Wissen und Können beeindruckt und entschieden sich für den Hainfelder Betrieb.
Das hieß für Neuhauser zunächst, rund 250 Möbel, sogenanntes „loses“ Mobiliar, Sesseln, Bänke, Regale, Tische aus sämtlichen Repräsentationsräumen des Parlaments so wiederherzustellen, wie sie ursprünglich gewesen waren. Als er diese im Mai 2022 ablieferte, wurde er bald darauf von der Parlamentsdirektion für weitere 250 bewegliche Möbel engagiert. Nun sollte auch die Einrichtung der Clubräume, die Cafeteria und andere Räume stil- und fachgerecht restauriert werden.
Die Möbel aus der Entstehungszeit des Parlaments sind – wie das Gebäude – in einem Gesamtkonzept des damaligen Ringstraßenarchitekten Theophil Hansen um 1880 bis ins Detail unterworfen.  Ähnliches gilt auch für die Möbel aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg, die in den 1950er Jahren vom Architektenduo Fellerer und Woerle kreiert worden waren.
Das gesamte Parlament steht samt Möbel unter Denkmalschutz und jedes Detail musste ganz exakt wiederhergestellt werden. Eine weitere Vorgabe war, die richtigen Möbel in die passenden Räume zu bringen. Denn da herrschte schon lange ein großes stilistisches Durcheinander.
Ein besonderes Stück war der Ministerratstisch aus der Gründerzeit mit einer Gesamtlänge von zehn Metern. Er wurde völlig zerlegt nach Hainfeld geschafft. Kaum vorstellbar, wie er überhaupt in die Werkstatt passte. Noch ein weiterer Tisch machte große Mühe: „Im Empfangssalon, einem Aushängeschild Österreichs, wunderschöne 400 m2 groß, steht ein Tisch aus den 1950er Jahren. Dessen Transport war spektakulär. Er wiegt nämlich 400 Kilo! Wir haben ihn zu dreizehnt hineintransportiert“, erzählt Neuhauser.
Alle rund 500 Möbel wurden transportiert, gelagert, restauriert, rücktransportiert und im Parlament aufgestellt. Dazu musste für jedes einzelne Stück ein Restaurierungsbericht nach den Richtlinien des Bundesdenkmalamts geschrieben werden. Neuhauser: „Das war schon bald mehr Arbeit als das Restaurieren.“
Auf meine Frage, ob er auch Politiker traf meint Marc Neuhauser schmunzelnd: „Alle.“
Immer noch wird er für Reparaturen an weiteren Möbeln aus den Depots angefragt. Viele im Parlament Tätige wollen nun auch so eine schöne Bank oder einen Sessel von Hansen oder dem Architektenduo haben. Auch viele „Private“ wollen unbedingt ihre Möbel von dem nun weithin bekannten Hainfelder restauriert bekommen. Unbedingt mit seinem Firmenschild. Und was sagt Herr Neuhauser zu seinem neuen Renommee? „Der Fuß ist drinnen, der Ruf ist da.“
Marc Neuhauser gilt heute als der Experte für von Theophil Hansen entworfene Möbel. Über diesen Mann kommt er selbst ins Schwärmen: „Gehen Sie durch Wien! Was da alles von Hansen gebaut worden ist. Und welche Feinheit in jedem Detail seiner Möbel zu finden ist. Man merkt die Handschrift und die Hochwertigkeit, in der die Möbel hergestellt wurden.“
Dasselbe ließe sich wohl auch über Neuhausers Arbeit sagen.  

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